Ortshistorik

Die Ortsgeschichte von Hartmannsdorf und Giegengrün

Das Kirchberger Granitbecken bildet auch eine Einheit in Hinsicht auf die Siedlungs- geschichte. Die erste urkundliche Erwähnung mit der Aufpfarrgemeinde Kirchberg stammt aus dem Jahre 1316. Seine Kolonisation ( Besiedlung) ist ein Werk des Weidaer Vogtes Heinrich des Reichen und hat sich wahrscheinlich zwischen den Zeitraum 1180 bis 1209 vollzogen.

Die Vögte waren bis 1394 nahezu 200 Jahre lang die Besitzer der Wiesenburger Herrschaft. Zuvor hatten die Wettiner sie über zwei Jahrzehnte amtlich verwalten lassen, belehnen sie die Ritter von der Planitz damit. Der erste erhaltene Lehnsbrief stammt aus dem Jahre 1464. Von 1589 bis 1618 ging Wiesenburg in den Besitz des Rates der Stadt Zwickau über. 1664 kauft der Landesherr die Herrschaft als Amt zurück, gibt sie aber 1663 an Herzog Philipp Ludwig von Holstein-Sonderburg erneut wieder ab. Der Kurfürst, Friedrich August der Starke bringt 1725 den Besitz endgültig in die Hände der Landesherrschaft.

Als Ergebnis der Revolution von 1848 und der staatlichen Neuregelungen wird die Herrschaft Wiesenburg aufgelöst. Von da an gehört Hartmannsdorf zur Amtshaupt- mannschaft Zwickau und zur Gerichtsbarkeit Kirchberg. Zur Herrschaft Wiesenburg gehörten (z. Teil wechselhaft) das Schloss Wiesenburg, Silberstraße (ehem. „Armen Ruhe“), das Städtchen Kirchberg, die Dörfer Obercrinitz, Niedercrinitz, Culitzsch, Wiesen, Wilkau, Haara, Burkersdorf, Hartmannsdorf, Giegengrün, Cunersdorf, Saupersdorf, Neustädel, Zschorlau, Lindenau, Grießbach, Bärenwalde, Wolfersgrün, Leutersbach, Lauterhofen, Vorwerk Vogtsgrün, Hirschfeld und Lauterholz. des Umlandes.

Die genaue Herkunft der durch die ritterlichen Grundherren herbeigerufenen Siedler ist urkundlich nicht bewiesen. Höchster Wahrscheinlichkeit nach waren es ostfränkische Bauern, die über das Vogtland entlang der Wasserläufe die Besiedlung durchführten. Sie rodeten den damaligen Urwald (Miriquiti). Der Lokator (Hufenaufteiler) legte dabei, beginnend von jeweiligen Gewässer aus, so genannte Hufen an. Dabei wurden besonders Bodenbeschaffenheit und die Lage der Hufen berücksichtigt. Die auffällig gleichartige Flächengröße , Lage und Vermessungsmethode der Dorfanlage Hartmannsdorf und Bärenwalde lässt auf den gleiche Lokator schließen. Die fränkische Abstammung unserer Dörfer verrät außer der Dorfanlage als Reihendorf mit Waldhufen auch einige Flurbezeichnungen wie „Knock“ für bewachsener Hügel, ferner „Lauter“ in Lauterhofen und Holz.

Über die Entstehung des Ortsnamens gibt es keine genauen Angaben oder urkundlichen Belege. Oftmals wurden die Orte nach den Lokator benannt. Ob der Ortsgründer ein „Hartmann“ war oder ob der Name von „Hardt“ (-Wald) herrührt steht nicht fest.

Das unsere waldfreie Siedlungsfläche dereinst als großes Rodungsfeld zu erklären ist, leuchtet ein. Auch das Gemeindesiegel ist leider keine alte Überlieferung. Es ist eine willkürliche aber fantasievolle Festlegung. Gemeindeordnung, Gerichtsbücher, Siegel , Rechnungsbuch und Lade waren in früheren Zeiten Zeichen der dörflichen Selbstän- digkeit. Alte Schreibweisen unseres Ortes sind: Hartensdorf, Großhartmannsdorf, Langenhartmannsdorf. Giegengrün hieß Giedengrün, Jüdengrün und auch Eichengrün. (Oft ist es vorgekommen, dass die Namen einfach nach dem Gehör aufgeschrieben wurden oder nach der Mundart, sich mit der Zeit, veränderten.)

Ein im Hauptarchiv von Dresden befindliches Flurverzeichnis ( schon 1746 aufgenommen) von Hartmannsdorf verdient besondere Beachtung. Es enthält genaue Flurnamen für den gesamten Ort. Leider sind diese heute nicht mehr geläufig. Auf dem Grundstück Nr.63 gab es einen Steinacker, den Steinberg, den Stein- oder Birkenknock (steinreiche Westseite) ; auf Nr. 62 u.a. Steinacker, Hängeacker, Vogelherdwiese, der alte „Säuer“ (Wiese), das schwarze Äckerchen; Nr.59 besitzt eine alte Säuerwiese, den Steinacker, den Mordberg, den Tauersberg; Nr.47 hat eine rohrige Teichwiese, den Härlteracker, den Ludelacker, heute bezeichnet der Besitzer eine Wiese noch als „Ziegelschei“, weil dort Ende des 19. Jahrhunders eine Ziegelei von August Schubert stand. Auf dem Besitz der Pöpelmühle Nr.24 spricht man vom Dörnerfeld und den langen Beeten; bei Nr.11 wird die Hutweide am Lehmgraben erwähnt; der Besitz Nr.7 läßt auf reichlich Holzbestand schließen und durch Namen wie Lehde mit Holzgestrüpp, oberer und unterer Holzacker; auf Nr.134 befindet sich die Schaftrift, an die auch Nr.135 grenzt; Nr.125 kennt einen Ziegenwiese am Holz und eine Moorwiese; Nr. 121 einen nassen Acker; Nr.118 das Hutsteiner (alters Giegengrüner und Hartmannsdorfer Geschlecht) Wiesel, die Rohrwiese; Nr. 109 den Quersack (Feld); Nr. 34 auf der Westseite des Ortes : Hohe Wiese am Wolfsbach, Kuhweg, Höllenwiese; Nr. 41 (Hammergut) Wiese am Krebsbach; unterhalb des Jahnsgrüner Heiligbrunnenteiches befindet sich der Schinderanger. Die jetzt zum Gut Nr. 144 gehörende Waldwiese innerhalb der Geländemulde mit kleinem Teich hieß früher der „Kessel“, der dahinführende Weg „Kesselweg“. Auf der Westseite des Ortes wurde in früherer Zeit Lehm und Torf abgebaut. Eine größere Torfgrube befand sich nordwestlich des Heydenteiches auf den Gemarkungen der Saupersdorfer Grenzbauern. Im Norden befand sich der Koppelholzboden, den sich Hartmannsdorfer und Saupersdorfer Gemeinde teilten. Die auf der Flur vorgeordneten Wiese wurde als Letterwiese bezeichnet. Die Bezeichnung „ Erlengehölz“ im Oberdorfbereich erinnert noch an dichte Erlenbestände am Dorfbach. Die Kirchberger Tuchmacher kauften diese Holzbestände für die Färberei der Tuchwaren.

Bei der Ortsgründung wurden in handtuchartigen Streifen die Ortsgemarkung zerteilt. Diese folgt in West- und Ostrichtung fast rechtwinkelig vom Bachufer aus beginnend, den angrenzenden Waldflächen zu den Nachbargemeinden. Längs der Baches bliebe jedoch auf beiden Seiten bestimmte Flächen als Gemeindeland , der so genannte „Anger“ zu gemeinschaftlichen Nutzung stehen ( Breite ca. 25-50m). Die Hufen wurden demnach an die einzelnen Siedler verteilt. Einige erhielten ganze, andere nur dreiviertel oder halbe Hufen zugesprochen. In späterer Zeit veränderte sich aber die Aufteilung der Flächen durch Erbteilung, Auszug oder Verkäufe.

Den ersten urkundlichen Einblick ermöglicht das „Erbregister der Leute und Untertanen zum Rittergut Wiesenburg gehörig“ vom Jahre 1591. Es gab zu jener Zeit 4 Ganzhüfner, 19 Halbhüfner, 16 Viertelhüfner, 5 Gartenhäusler und 19 Häusler. Das Erbgrundzinsbuch des Ortes von 1826 weist 3 ganze, 22 halbe,14 Viertelhöfe sowie 7 Gärtner , 7 Mühlengrundstücke und 75 Häusler aus. Der fehlende vierte ganze Hof ist herrschaftlicher Gutbesitz mit Namen „Sandleite“, welcher 1765 in 24 Teilgrundstücke an Privatbesitzer verkauft wurde. Es blieb nur noch die Wirtschaft Nr. 75 übrig. Das “Trögersche Gut” steht auf solchem abgetretenen Sandleitengrundstück Hier befand sich einst das Backhaus des herrschaftlichen Gutes. Die anderen drei Höfe sind Nr. 66 ehem. (Klemm), Nr. 47 geteilt (Baumann, Teubert) und Nr. 125 (Büttner). Die Anzahl der Bauerngüter blieb im Laufe der Jahrhunderte annähernd gleich. Man war bestrebt, Grund und Boden, soweit als möglich, zum Weiterbestand der Wirtschaften zu erhalten. Es hat sich aber die Zahl der Häuser in den letzten hundert Jahren mehr als verdreifacht. Der Dorfkern (Dorfanger) ist lückenlos bebaut. Siedlungsbau beginnend 1928 im Unterdorf unterhalb der Mühle Nr.24, 1934 auf der Giegengrüner Höhe „Hartmannsdorfer Siedlung“ in Richtung Leutersbach und in neuerer Zeit, das Wohnungsbaugebiet “An der Rothenkirchener Straße” hinter der Tankstelle, sowie die Neubaublocks im Oberdorf mit anschließenden Eigenheimen, sind neu entstanden. Auch haben sich einige freie Baulücken im Ortsbereich noch geschlossen.

In den letzten Jahrzehnten sind vier abgebrannte Häuser nicht wieder aufgebaut worden, Nr.18 (Bürger), Nr.61 (Hafer-Döhler) Nr. 67 (Schwotzer) und der Gasthof „Sächsischer Hof“.

Geschichtlich noch interessant ist, daß in der Zeit der großen Hungersnot 1771/72 erschien ein „Mandat über die Anlegung neuer Zucht- und Arbeitshäuser“. Die Gemeinde kaufte Daniel Siegerts 1763 begonnenes neues Angerhäusel , das er armutshalber nicht fertig baute, als Armen- und Waisenhaus „wegen der Teuerung und bösen Zeiten“. (Nr. 83 Meinhold). In Ihm waren 12 Personen untergebracht. Um 1870 wird es aufgehoben und von der Gemeinde weiter verkauft. Vom 24.9.-4.10.1788 wird eine neue Rainung ( Vermessung und Vermarkung) aller Grundstücke vorgenommen. Dadurch soll vermieden werden, damit „es nicht wieder Stoff zu einem Prozeß gibt“.

Über die Einwohnerzahl unseres Ortes ist nachfolgendes bekannt: 1595 : 62 Häuser, 1630 : 73, 1642 nach feindlichen Einfall : 59 Häuser und durch die Pest und Totschlag sind starke Verluste unter der Bevölkerung zu beklagen („ dieses Dorf ist sehr volksreich gewesen, viel kleine Häuslein aufgebaut, nunmehro aber sind die Leute sehr weggestorben, die Häuslein eingefallen und von Soldaten eingerissen und verbrannt“).

1709 zahlen 96 Ansässige Quatembersteuern, 1788: 108 Häuser Wiesenburger und Zwickauer (zum „Lauterhofner Dingstul gehörigen Anteils“. 1816: 740 Einwohner in 113 Häusern, 1852: 1050 in 143 Häusern 1871: 1149 in 145 Häusern, 1900: 1264 in 160 Häusern, 1937: 1426 in 215 Häusern, 1946: 1488 Eiwohner in 218 Häusern und Gehöften.

Derzeit wohnen in Hartmannsdorf ca. 1400 Einwohner in 312 Wohnhäusern , Gehöften oder Neubauten. Giegengrün mit 103 Einwohnern besitzt 30 Gebäude die 33 Familien Wohnung geben.